Nach der Annexion wurde Nordwestdeutschland in vier Départements (Regierungsbezirke) eingeteilt. Im Nordwesten um Jever herum entstand das Département de l’Ems oriental (östlich der Ems), zentral gelegen um die Weser entstand das Département des Bouches du Weser (Regierungsbezirk der Wesermündung), das selbst in vier Arrondissements (Stadtbezirke) unterteilt wurde, nämlich in Oldenburg, Bremerlehe, Bremen und Nienburg. Im Süden bei Quakenbrück entstand das Département de l’Ems superieur (Obere Ems) und nordöstlich entstand das Département des Bouches de L’Elbe (Regierungsbezirk der Elbmündung) mit dem Arrondissement Stade. Bis auf die Arrondissements Stade, Bremerlehe und Bremen entspricht die Regionsaufteilung nahezu den heutigen Proportionen des Oldenburger Landes.
Mit der vollständigen Änderung der Verwaltungsorganisation im Frühjahr 1811, der Übernahme einer französischen Verfassung und französischen Rechts wurde das Herzogtum Oldenburg ganz in das Kaiserreich Frankreich integriert. Der Fortschritt des französischen Gerichtswesens zeigte sich gegenüber dem bisher in Oldenburg praktizierten besonders deutlich.
In gleichem Maße außergewöhnlich erschienen die Gesetze, die von heut auf morgen jahrhundertealte Dogmen ablösten, wie die Aufhebung von Lehnswesen und Leibeigenschaft. Als die französische Verfassung die Zunftverfassung aufhob, und den Zugang zu den einzelnen Gewerben durch ein einfaches Patentierungsverfahren regelte, das mit einer Gebühr käuflich zu erwerben war, öffnete sich eine neue Möglichkeit für die zahlreichen Kräfte im Bereich des Handwerks. Die wenigen spezialisierten Handwerker wie Goldschmiede, Gelbgießer oder Buchdrucker und die gängigsten zahlreichen Handwerker des alltäglichen Bedarfs wie die Schneider, Schuster, Tischler etc. bangten nun um ihre Stellungen in der Gemeinde. Von großem Vorteil erwies sich der Abzug der Franzosen 1813 für die an der traditionellen Zunftverfassung interessierten Handwerker. Die konsequente Gesetzgebung der Franzosen hatte nicht genug Zeit gehabt, um den fest verankerten Geist der alten Verfassung zu entfernen. Im Gegenteil wurde sogar dafür gesorgt, dass der alte Zusammenhalt bewahrt blieb, was die neuen „Patentmeister“ sehr zu spüren bekamen.
Napoleon erklärte, dass die Großmächte sich wegen Oldenburgs nicht schlagen sollten. Doch Peter Friedrich Ludwigs weise und zurückhaltende Regierungsführung, seine Verwandtschaft mit dem russischen Zarenhaus und seine Heiratspolitik innerhalb Europas wurden zum Dorn in Napoleons Auge und führten zu einer Verschärfung des Konflikts zwischen Russland und dem Kaiserreich Frankreich. Fraglich ist allerdings, ob die Vertreibung des Herzogs aus seinem Lande als Anlass zum Krieg zwischen den beiden Mächten gelten kann. In weiten Teilen Deutschlands war die allgemeine Stimmung gegenüber den Franzosen schlecht. Der innere Widerstand der Bevölkerung gegen die gewaltsam auferlegte französische Verwaltung und Justiz wuchs mit der Zeit. Inzwischen entwickelte sich im Oldenburger Land der Schmuggel auf bahnbrechende Art und Weise. Die Gerichtsbarkeit hatte alle Hände voll zu tun. Neben Korruption, Fälscherwesen und Eidbruch gehörten auch Raubüberfälle und sogar Mord zum Tagesgeschäft.
Mit der Niederlage Napoleons in Russland 1812 verbreitete sich die Kunde vom Rückzug der Grande Armée aus Russland wie ein Lauffeuer gen Westen. Überall in Deutschland flammte das freiheitsliebende Volk auf, das den Abzug der verhassten Franzosen kaum noch erwarten konnte. Der, zu diesem Zeitpunkt, im Stadtbezirk Oldenburg regierende Unterpräfekt Pierre-Emmanuel Frochot, ein junger Pariser Baron, der in seinen täglichen Geschäften eher unerfahren, unbedacht und ausschweifend und noch dazu mit der Sprache und den Landesverhältnissen auch noch völlig unvertraut war, gestaltete das Leben der Oldenburger durch eine harte Führung noch trauriger als es ohnehin schon war. Er wurde wegen der immer bedrohlicheren Lage auf Wunsch des Präfekten der Wesermündung, Philipp Karl von Arberg zur Sicherheit nach Bremen beordert.
Frochot war der vierte Nachfolger in der Präfektur des Stadtbezirks. Der erste Unterpräfekt war Pierre de Coubertin, ein Verwandter des gleichnamigen Gründers und ersten Generalsekretärs des Internationalen Olympischen Komitees. Auf Coubertin folgte Amadée-Pierre Pérrier, doch ebenso wie sein Vorgänger war er unfähig das Arrondissement zu führen. Auf Pérrier folgte dann der spätere Bremer Senator Johann Eberhard Pavenstedt der für seine maßvolle und fleißige Tätigkeit sehr geachtet wurde. Auf ihn folgte Unterpräfekt Frochot.
Unterpräfekt Frochot übertrug, bevor er nach Bremen flüchtete, die Verantwortung für die Sicherheit des Landes einer Fünferkommission, zu der auch die Kanzleiräte Albrecht Ludwig von Berger und Christian Daniel von Finckh gehörten. Diese brachten mit Hilfe einer Proklamation die oldenburgischen Landsleute wieder zur Ruhe. Diese Proklamation wurde jedoch durch die französische Regierung in Bremen als Aufforderung zum Aufruhr missverstanden. Den Titel „Mairie“ ersetzte die Kommission durch „Gemeindekommissariat“ und sie zogen nicht einen einzigen der Unruhestifter, die seit der Befreiung Hamburgs durch russische Soldaten oldenburgische Flaggen hissten und die Rückkehr des Herzogs bejubelten, zur Rechenschaft. Dominique Joseph Vandamme, „enfant terrible“ und General in der Napoleonischen Armee, bekannt für seine Härte und Brutalität, ließ in einem Schnellverfahren vor einem Bremer Militärgericht beide Kanzleiräte des Aufruhrs für schuldig erklären und verurteilte sie zum Tode am 14. April 1813.
Herzog Peter Friedrich Ludwig wurde durch die Bevölkerung frenetisch bei seiner Rückkehr aus dem Exil empfangen und übernahm am 1. Dezember 1813 die Landesadministration des Herzogtums zurück. Er stand vor einer politischen und wirtschaftlichen Herausforderung denn das umstrukturierte Land musste zunächst wieder reorganisiert werden. Den Opfern der französischen Militärjustiz wurde ihre Ehre wiedergegeben. 1814 wurden die Leichname von Bergers und von Finckhs nach Oldenburg überführt und in der Nähe des Herzoglichen Mausoleums auf dem Gertrudenkirchhof beigesetzt. Ein achtunggebietendes Denkmal wurde errichtet mit der Inschrift: „Ehrenvoll ist für gute Sache der Tod“. Es handelt sich heute um eines der bedeutendsten Denkmäler des Gertrudenkirchhofs.
Autor: Aymeric Lucchesi
Literatur:
- Lombard, Andreas: Französische Herrschaft, in: Jörg Michael Henneberg / Horst-Günter Lucke (HG.): Geschichte des Landes Oldenburg. Herzogtum, Großherzogtum, Freistaat, Oldenburg 2014, S. 75-77.
- Lübbing, Hermann: Oldenburgische Landesgeschichte, Oldenburg 1953, S. 150-153.
- Rüthning, Gustav: Oldenburgische Geschichte, Oldenburg / Berlin 1937, S. 505-512.
- Schaer, Friedrich-Wilhelm; Eckhardt, Albert: Herzogtum und Großherzogtum Oldenburg im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus, in: Albert Eckhardt (HG.): Geschichte des Landes Oldenburg, Oldenburg 1987, S. 282-289.
- Stadt Oldenburg (HG.): Geschichte der Stadt Oldenburg. Von den Anfängen bis 1830 (Band 1), Oldenburg 1997, S. 261-262; 527-528.